Ursprünglich ein Leserbrief an die Zeit, werde ich es nun hier veröffentlichen, da es meiner Erkenntnis der Verlag es nicht gemacht hat (vom 04.02.2020).
Als ich mir den Artikel „Judensau-Relief: So macht man Antisemitismus salonfähig“ durchgelesen habe, hat mich das Urteil sehr schockiert. Ich kann mich der Meinung von Volker Boehme-Neßler nur anschließen, vor allem aber einem Teil in „Naive Urteilsbegründung“. Dort heißt es, wie folgt:
„In der europäischen Kunstgeschichte der letzten Jahrhunderte wimmelt es von bösartigen, hasserfüllten, widerwärtigen antisemitischen Darstellungen. Es wäre irrational, naiv, ahistorisch, illiberal und nicht zuletzt albern, würde man versuchen, die europäische Kultur von ihnen allen zu befreien. Ein Bildersturm aus political correctness wäre eine erschreckende Option. Aber ein kritischer Blick auf die Kunstwerke und ein sensibler Umgang mit ihren Schattenseiten sind dringend nötig.“
Da ich mich auch schon länger mit dem Thema beschäftige, und der zunehmende Antisemitismus auch mir große Sorgen bereitet, hat dieser Artikel mir den Anstoß zum Lesebrief gegeben. In der Politik wird oft geredet von der Bekämpfung des Antisemitismus, und es gibt auch schon einen Antisemitismusbeauftragten – zurzeit Dr. Felix Klein seit dem 1. Mai 2018 -. Der richtige Weg, doch meiner Meinung nach ist es nicht genug.
Die Erinnerungskultur ist ein wichtiger Bestandteil Deutschlands, da ohne sie ansonsten die Vergangenheit verblassen würde und dies den Weg für eine Wiederholung ebnet. Neben der Erinnerungskultur sollte es jedoch noch einen kulturfördernden Aspekt geben: Juden und Jüdinnen haben auch zur deutschen Kultur beigetragen, ein Beispiel wäre da Berthold Auerbach (1812-1882).
Im ersten Weltkrieg haben auch Juden gedient und kämpften für Deutschland: „Fast 100.000 jüdische Soldaten haben auf deutscher Seite am Krieg teilgenommen. Gut 10.000 gar als Freiwillige.“ (Deutschlandfunk) Weiter im Artikel ‚Erster Weltkrieg: Als jüdische Soldaten für Deutschland kämpften‘ heißt es auch: „Man meldete sich zu den Fahnen und war stolz darauf, Kriegsdienst leisten zu können. Das war das Bekenntnis zu Deutschland, das Bekenntnis zu Preußen, das Bekenntnis zum Kaiser; und wir können tatsächlich von so etwas wie einem jüdischen Patriotismus sprechen. Man zog in den Krieg, weil man der Überzeugung war, man müsste seine Pflicht leisten. „ Doch, wie bekannt, wurde dies damals verleugnet in rechten Kreise. Und der Antisemitismus war zu dieser auch noch immer weit verbreitet, weshalb die antijüdischen-Kampagnen Anklang fanden.
In dem heutigen modernen und demokratischen Deutschland ist es glücklicherweise nicht mehr so schlimm und der Antisemitismus gesellschaftlich inakzeptabel (Vorurteile die auf antisemitischen Lügen beruhen gibt es hingegen leider immer noch, sowie gewalttätige Antisemiten dessen beider Wurzeln bekämpft werden müssen). Deshalb wäre eine Aufklärungskampagne über die Tatsachen der Geschichte effektiver.
Neben meinen oben genannten Beispielen wie der Antisemitismus verringert werden kann, wäre natürlich auch ein intensiverer Kontakt mit der jüdischen Gemeinde eine wichtige Sache. Durch einen ständigen Kontakt lassen sich auch Vorurteile abbauen – das gilt natürlich auch für andere Gruppen wie Muslime. Auf diese Art und Weise kann der Bigotrie mehr entgegengesetzt werden. Und um es in einen Satz zusammenzufassen: Miteinander statt Nebeneinander.
Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Alexander von Humboldt (welcher sich auch gegen koloniale Ausbeutung, gegen Sklaverei und für die Gleichberechtigung des Judentums in Preußen eingesetzt hat):
„Indem wir die Einheit des Menschengeschlechtes behaupten, widerstreben wir auch jeder unerfreulichen Annahme von höheren und niederen Menschenracen. Es giebt bildsamere, höhere gebildete, durch geistige Cultur veredelte, aber keine edleren Volksstämme. Alle sind gleichmäßig zur Freiheit bestimmt; zur Freiheit, welche in roheren Zuständen dem Einzelnen, in dem Staatenleben bei dem Genuß politischer Institutionen der Gesammtheit als Berechtigung zukommt.“ – Kosmos, Erster Band, J. G. Cotta’scher Verlag, Stuttgart und Tübingen 1845, S. 385
