Coniunctis Viribus #001: Über das Bürgergeld

Das Bürgergeld ist zurzeit in aller Munde und die kürzlich beschlossenen Maßnahmen der Ampelregierung hat Verschärfungen dafür vorgesehen.

Leider schwirren um das Bürgergeld Falschbehauptungen und Lügen die nach und nach die Diskussion darüber vergiftet haben und die Bürgergeldbezieher zur Karikatur hat werden lassen die komplett Jenseits der Realität ist.

Genau das ist es was mich zur Weißglut bringt und mich dazu veranlasst hat diesen Artikel zu schreiben. Tatsachen zuerst!

Wer bezieht Bürgergeld?

Es kann verschiedene Gründe geben warum jemand Bürgergeld bezieht: Von erwerbstätigen deren Lohn nicht ausreicht zum Leben um Aufzustocken bis zu ukrainischen Geflüchteten die keine Arbeit aufnehmen können aufgrund eines mangels von Sprachförderung die als Grundstein für eine Integration in den Arbeitsmarkt essentiell ist.

Im Juli 2023 waren insgesamt 5.503.000 Menschen regelleistungsberechtigt und erhielten das Bürgergeld nach SGB II.

  1. 1.557.000 Personen (28,3%) waren nicht erwerbsfähig, darunter vor allem Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren,
  2. 3.946.000 (71,7%) waren erwerbsfähig und Leistungsberechtigt, davon waren gut 1,5 Millionen arbeitslos nach SGB II und die ca. 2,2 Millionen erhielten die Grundsicherung ohne arbeitslos zu sein. Darunter waren z. B. Personen die kleine Kinder betreuten, Angehörige pflegten oder noch zur Schule gingen. Schließlich waren 797.000 der erwerbstätigen Aufstocker, d.h. Arbeitende die ihr Einkommen mit dem Bürgergeld ergänzt haben.

Im Sozialbudget unserer Republik macht diese verfassungsrechtlich garantierte Grundsicherung nur 3,8% aus. Seit 2005 ist die Erwerbstätigenquote übrigens um 18% gestiegen.

Bürgergeld hat Bedingungen

Wie die Caritas in ihrem Artikel weiter erläutert, ist das Bürgergeld kein bedingungsloses Grundeinkommen. Eine Mitwirkungspflicht ist an diese geknüpft und bei Verstoß kann die Leistung gemindert werden nach §§ 31, 31a, 32 SGB II. Ebenso gibt es Fördermaßnahmen damit die Menschen unterstützt werden um für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen zu können oder einen Bildungsabschluss erlangen.

Anpassung des Bürgergeldes

Die Berechnung der Grundsicherung erfolgt alle 5 Jahre und orientiert sich an den untersten Einkommensgruppen die kein Bürgergeld beziehen. Die Erhöhung am 1. Januar 2024 von €502 auf €563 (12%) war eine nachholende Anpassung aufgrund der hohen Inflation der vergangenen Monate weshalb sie auch so höher war als normalerweise.

„Mit dem angepassten (beschleunigten) gesetzlichen Anpassungs-Mechanismus wird seit dem 1. Januar 2023 besser gewährleistet, dass das Existenzminimum inflationsbedingt nicht über einen längeren Zeitraum faktisch unterdeckt ist. Dabei orientiert sich die Anpassung nicht an der allgemeinen Inflationsrate, sondern an der Entwicklung der Preise für Güter und Dienstleistungen, die in die Berechnung des Existenzminimums einfließen. Die Preisentwicklung dieser „existenznotwendigen Aufwendungen“ war zuletzt häufig höher als der allgemeine – deutlich mehr Güter und Dienstleistungen umfassende – Verbraucherpreisindex.“ (Caritas)

Es gibt kein Entscheidungsspielraum bei der Anpassung, da diese gesetzlich verankert ist.

Im Vergleich zum Mindestlohn

Der Mindestlohn stieg von €12 (2022) auf €12,41 (2024). Alleinstehende in Vollzeit haben im Durchschnitt €532 mehr zur Verfügung als Alleinstehende Bürgergeldbezieher. Der Mindestlohn ist seit 2015 um 46% gestiegen und das Bürgergeld um 41%.

Integration in Arbeit als zentrales Förderinstrument
„Die Befürchtung, es gebe eine Welle von Menschen, die wegen der Höhe des Bürgergeld kündigen, passt nicht zu den Erfahrungen in den Caritas-Beratungsstellen. Wir können nicht ausschließen, dass es eine kleinere Gruppe gibt, die darüber nachdenkt oder diesen Schritt tut. In diesen Fällen haben die Jobcenter das Instrument der Leistungsminderung, wenn sie eine zumutbare Arbeit vermitteln können.

Die große Mehrheit der Erwerbslosen möchte arbeiten, das zeigt sich sowohl in den Praxiserfahrungen der Caritas als auch in den empirischen Daten. Denn Arbeit ist sinnstiftend, gibt Anerkennung und Teilhabe. Wer arbeitet, hat auch mehr Geld zur Verfügung. Zudem können nur über Erwerbseinkommen gesetzliche Rentenansprüche aufgebaut werden.“

Da die Caritas in ihren Beratungsstellen damit alltäglich umgeht und hier aus Erfahrung spricht, habe ich diese Stelle ganz unverändert übernommen.

Reform und Entbürokratisierung

  • Es gibt einen Beratungsbedarf aufgrund der hohen Komplexität zwischen dem Bürgergeld und vorgelagerten Sicherungssystemen wie Wohn- oder Kindergeld und Kinderzuschlag.
  • Rechtsansprüche können nicht geltend gemacht werden aufgrund der Überforderung mit den Antragsformularen und den Systemen dahinter, oft keine Unterstützung.
  • Das System der Sozialleistungen sollte vereinfacht und transparenter werden, z. B. durch Bündelung und Anpassung der Leistung.

Zwar würde dies mehr Kosten verursachen, weil auch mehr Menschen anspruchsberechtigt wären, doch es dürfe nicht Fehlinterpretiert werden als ein Anstieg der Armut wie die Caritas weiter ausführt. Durch diese Maßnahmen würde die Einkommensarmut bekämpft, die Einkommenssituation im Niedrigeinkommensbereich verbessert und der Anreiz gestärkt, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen“.

Der Niedriglohnsektor

Schließlich noch zum Niedriglohnsektor. In der öffentlichen Debatte werden gerne beide gegeneinander ausgespielt, doch für den Arbeiter im Niedriglohnsektor wird sich nichts ändern, wenn das Bürgergeld gestrichen wird oder Langzeitarbeitslose forciert werden dort auch zu arbeiten.  

Wer wirklich Interesse an der Verbesserung ihrer Lebensqualität hat sollte untere Einkommen entlasten z. B. durch niedrigere Sozialversicherungsbeiträge oder Senkung ihrer Steuern.

Durch die höheren Nettolöhne nehmen auch wieder mehr die Arbeit auf und zahlen dadurch Steuern und Sozialabgaben wodurch sie dann weniger staatliche Unterstützung brauchen.

Quelle: https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/armut/fakten-statt-polemik-zum-buergergeld

Das BR24 hat hierzu auch einen Faktencheck vorgelegt, um es kurz zu fassen:

  1. Jeder hat Anspruch auf Transferzahlungen und jemand der alle in Anspruch nimmt hat am Ende mehr zur freien Verfügung als ein Bürgergeldempfänger.
  2. Zwar haben 62% der Bürgergeldbezieher einen Migrationshintergrund oder leben in einem Haushalt mit einem, doch fallen darunter auch Deutsche mit ausländischen Eltern oder zugewanderte Deutsche.
  3. Andere Sozialleistungen müssten miteinbezogen werden: Migranten integrieren sich nach einigen Jahren in den Arbeitsmarkt und erhalten am Anfang und am Ende ihres Lebens weniger Leistungen als Deutsche.
  4. Es gibt kein Beleg dafür, dass das Bürgergeld ein „Pull-Faktor“ bei Migration ist. Die Größe und Wirtschaftskraft eines Landes, stabile demokratische Verhältnisse und höhere Gesundheitsausgaben machen hingegen ein Land attraktiver.

Quelle: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-behauptungen-zum-buergergeld-im-check,TyPwRYL

Es wird hingegen Zeit über die Vermögenssteuer zu reden die seit 1996 ausgesetzt wurde und den Staat bis heute €380 Milliarden an Einnahmen gekostet hat – 80% des Bundeshaushalts dieses Jahres.

PDF-Datei

Andere Quellen

Erwerbstätigenquoten 1991 bis 2023
https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/erwerbstaetigenquoten-gebietsstand-geschlecht-altergruppe-mikrozensus.html

Sozialgesetzbuch
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/BJNR295500003.html#BJNR295500003BJNG002002126

Ausgesetzte Vermögenssteuer:
380 Milliarden Euro Schaden
https://taz.de/Archiv-Suche/!6021305&s=Verm%C3%B6genssteuer/

Veröffentlicht von thomasbaroque

Ich schreibe über politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Themen. Meine eigenen politischen Ziele ebenso. / I write about politics, the economy and science (my English isn't that good, though). My own political goals and ideas as well.

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