Zum deutschen Heer, die Bundeswehr

Am gestrigen Tage fand die Ehrung der Soldaten/innen vor dem Reichstag statt. Ehrung für die 20 Jahre Einsatz in Afghanistan die den Dienst von 160.000 Männern und Frauen beansprucht hat und 59 das Leben gekostet hat. Der Zapfenstreich fand jedoch nicht nur positiven Anklang in der Bevölkerung, zumindest wenn es um den Fackelmarsch ging.
Um das und mehr geht es in diesem Beitrag.

Das Eiserne Kreuz – am 10. März 1813 eingeführt vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. für den Verlauf der Befreieungskriege
(Bild von Pixabay)

Der Zapfenstreich

Beginnen wir mit dem Zapfenstreich am gestrigen Abend. Wie in der Einführung zum Eintrag oben erwähnt, dient dieser der Ehrung der 160.000 Männer und Frauen die in Afghanistan gefordert waren in den 20 Jahren Einsatz, sowie die 59 Soldaten/innen die ihr Leben gelassen haben um die Afghanen und ihre Regierung vor den Taliban zu schützen.

Der Zapfenstreich an sich ist schon sehr alt. Johann Friedrich von Flemming (1670-1733), sächsicher Oberforst- und Wildmeister, dokumentierte 1726 in seinem Buch „Der vollkommene teutsche Soldat“ zum ersten Mal den Brauch des Zapfenstreichs.
Es geht jedoch noch weiter zurück: Das erste Mal wurde es in Verbindung gebracht mit einem Abendsignal im Jahre 1596.
Der Duden erklärt die Herkunft wie folgt: „eigentlich = Streich (Schlag) auf den Zapfen des Fasses als Zeichen dafür, dass der Ausschank beendet ist, dann: Begleitmusik dazu; vgl. Tattoo“
Geschichtlich ist dieser also 500 Jahre (erste Erwähnung) oder fast 400 Jahre (erste Dokumentation) alt. Seit 1813 war es Tradition im preußischen Militär, nach der Auflösung Preußens um 1945 lebte es fort in West- und Ostdeutschland wo es nach der Wiedervereinigung auch bestehen blieb.

Seine ursprüngliche Bedeutung bezieht sich, wie schon impliziert, auf das Militär. Da markierte der Zapfenstreich den Zeitpunkt, ab dem ein Soldat im Quartier zu verbleiben hat. Dann gibt es den Großen Zapfenstreich, welcher ein militärisches Zeremoniell am Abend bezeichnet das zu besonderen Anlässen stattfindet wie der Ehrung eines Generals oder die Verabschiedung eines/einer Bundeskanzler/in. In diesem Fall wurde der Anlass schon erklärt.

Ein Sonderdruck des erwähnten Werkes von Johann Friedrich von Flemming
(Quelle: ZVAB)

Warum vor den Reichs- und Bundestag?

Eine Frage die sicherlich dem einen oder anderen aufkam, als er oder sie die Bilder vom Abend gesehen hat. Dazu muss die Rolle der Bundeswehr verstanden werden, welche für jeden Einsatz ein Mandat vom Bundestag benötigt. Somit kann das deutsche Heer als eine so-genannte Parlamentsarmee bezeichnet werden – ohne Zustimmung des Parlaments kein Einsatz. Letztendlich tragen also auch die Politiker/innen die Verantwortung dafür.
Die Präsenz der Bundeswehr ist damit nicht als Dominanz über die Demokratie und den Parlamentarismus zu verstehen, sondern das Gegenteil: das deutsche Heer untersteht dem Parlament und ist Teil der deutschen Demokratie.

Daraus lässt sich folglich ableiten, dass der Große Zapfenstreich dort stattfindet wo mit einem Mandat alles begann. Das Programm insgesamt dauerte 7 Stunden.

Aufgaben der Bundeswehr

Wenn das Militär im Gedankengang auftaucht, dann denken viele vermutlich an die Verteidigung des Landes im Ernstfall. Eine traditionelle Rolle die es gibt seitdem Nationalstaaten existieren (davor Königreiche). Doch darauf begrenzt ist es nicht mehr.
Alle Rollen zusammengefasst:

  • Landes- und Bündnisverteidigung
    Mit den Zeiten verändern sich auch die Herausforderungen der Bundeswehr. Nachdem Ende des Ost-West Konflikts das mit dem Fall der Sowjet Union im Jahre 1991 einherging, wandelte sich das Heer von einer Verteidigungs- und Abschreckungsarmee zur Einsatzarmee. Das heißt Internationale Friedenssicherung, Konfliktbewältigung und Krisenvorsorge. Die Annexon der Ukrainischen Krim in 2014 durch Russland hob nochmals die Wichtigkeit der Bündnispartner in der NATO und Europa hervor. Dies, im Verbund mit den Verträgen, erklärt auch den Anstieg der Verteidigungsausgaben.
  • Internationales Krisenmanagement
    Hiermit ist die friedliche Lösung von Konflikten zwischen Staaten, Bevölkerungsgruppen und anderen Konfliktparteien gemeint. Dies beinhaltet auch Auslandseinsätze in multinationalen Bündnissen und Organisationen.
    Wie schon erwähnt, braucht die Bundesregierung dafür das Zugeständnis des Parlaments. Zum Krisenmanagement zählt unter anderem das Erkennen von Krisen in ihren Anfangsstadien, den Kampf gegen internationalen Terrorismus, Schutz von Seewegen, und mehr.
  • Nationale Krisenvorsorge
    Wie Sie es sicher schon in den Nachrichten gelesen oder gehört haben, hat die Bundeswehr sich auch an der Bewältigung der Covid-19 Pandemie und der Flutkatastrophe im Ahrtal beteiligt. Die Bereitstellung von Kräften im Fall von Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und Großveranstaltungen nennt man Heimatschutz. Ebenso gehört die traditionelle Verteidigung des Landes dazu, weshalb diejenigen die sich für den Heimatschutz entscheiden nicht nur eine Grundausbildung als Sanitäter, sondern auch als Soldat erhalten.
  • Internationale Katastrophenhilfe
    Humanitäre Einsätze gibt es seit den 60ern Jahren. Die erste an der sich die Bundeswehr beteiligt hat war nach dem Erdbeben welches die marokkanische Küstenstadt Agadi zerstört hat. Rettungskräfte wurden eingeflogen, eine Luftbrücke für Verwundete organisiert und Material gebracht. Seit dem Jahr 1960 hat sich die Bundeswehr an 120 humanitären Einsätzen beteiligt.
    Dabei wird sich auf Soforthilfe (reagieren und organisieren der benötigten Hilfsmittel – von Lebensmitteln bis zu Unterkünften und Medizin) und Nachbetreuung (Ziel der Wiederherstellung der Selbsthilfe). Längerfristiges fällt der Aufgabe der Entwicklungshilfe zu.
    Die Bundeswehr arbeit in diesen Fällen mit staatlichen und nichtstaatlichen (NGOs) Partnern und Hilfsorganisationen zusammen.

Falls Sie genaueres darüber lesen möchten, dann können Sie es hier nachlesen.

Die Autoren von Wendezeiten-Zeitenwende (Münchner Sicherheitskonferenz, 2020) erläutern auch in ihrem Bericht davon, z. B. der Anstieg der Konflikte seit 1946.

In Europa beteiligt sich die Bundeswehr auch an inner-europäischen Projekten wie die Enhanced Forward Presence (efP) welches Polen, Litauen, Lettland und Estland umfasst.

Neben dem Anstieg der Verteidigungsbudget ist natürlich auch internationale Hilfe und Diplomatie angesagt, dazu wurde das 3%-Ziel vorgeschlagen:

Mit dem im Hinterkopf erhalten wir nochmals ein klareres Bild. Falls der Bericht dennoch zu lang sein sollte, was durchaus verständlich ist, dann können Sie sich meine Zusammenfassung durchlesen die alles nochmal mehr komprimiert hat:

Bundeswehr und Gesellschaft

Die stärkere Präsenz der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, wie der Zapfenstreich, ermöglicht auch den Weg zur einer intensiveren Auseinandersetzung mit der Rolle der Bundeswehr im 21. Jahrhundert und der Außenpolitik generell (letzteres wurde auch kritisiert in den Bericht Wendezeiten-Zeitenwende). Ebenso kann, wie bei den Pflegekräften und Krankenschwestern/Ärzte, eine Welt sichtbar gemacht werden die zuvor wenig Licht abbekam. Belastungen und Mängel werden stärker in den Fokus gerückt wodurch – idealerweise – Lösungen gefunden und umgesetzt werden.

Des Weiteren gab es bereits Wortmeldungen in Bezug auf den Zapfenstreich und die Politik. Auf SWR3 äußerte sich Corinna Kirchhöfer, eine Veteranin des Afghanistan Einsatzes, die in der Bundeswehr diente und auch an Auslandseinsätzen beteiligt war. Ihr Hauptanliegen lag bei den Mangel der Unterstützung der Heimkommenden nach einem Auslandseinsatz welcher deutlich Spuren hinterlässt, das mangelnde Interesse der Politik wurde auch von ihr kritisiert. Wie es in dem Artikel von Deutschlandfunk Kultur heißt:

„Aus ihrer Sicht hätte die Betreuung der Soldaten besser sein müssen. „Die Würdigung, die Anerkennung – aber vielmehr hinter den Kulissen mit den Soldaten zu sprechen, über deren Narben zu sprechen, was sie mit nach Hause gebracht haben, gerade auf emotionalen Ebene. Das hat mir komplett gefehlt.“
Den Soldaten/innen könne auch enorm geholfen werden indem Angebote bereitgestellt werden um psychologische Hilfe zu erhalten die den Weg in den Alltag erleichtern. Neben der professionellen Hilfe würde die Veranstaltung von kleinen aber regelmäßigen (z. B. jährlich) Treffen, in der sich die am Einsatz beteiligten treffen und austauschen können, ein aufrichtiges Interesse der Politik am Wohlergehen bedeuten.
Eine andere Meinung von einem Herr der – wenn ich mich richtig erinnere – Oberstleutant ist, war das der Große Zapfenstreich richtig war um die Soldaten/innen zu ehren.“


Als Ehrung, mit traditionellem Hintergrund der schon erläutert wurde, sollte dies auch fortgeführt werden. Zusammen mit diesen (vielleicht) jährlichen Treffen die von Frau Kirchhöfer vorgeschlagen wurde, könnte auch im zivilen Bereich eine bessere Verbindung zum Rest der Bevölkerung aufgebaut werden. Ob separat etwas stattfindet nur für Soldaten und dann Soldaten und Zivilisten, die Entscheidung liegt bei der Bundeswehr.

Wie so etwas gestaltet wird steht frei zur Diskussion, dafür ist der demokratische Diskurs da. Um Unzufriedenheit weitestgehend zu verhindern, müssen alle angehört werden.

Ideale – Demokratie, Freiheit, Egalität

Als unsere Verteidigungsstreitkraft ist es auch von größter Wichtigkeit, dass die Ideale von einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft geteilt werden um – im schlimmsten Fall – als Verteidigungswall die Wellen der anti-demokratischen Kräfte zu brechen.
Ohne Zweifel steht die große Mehrheit der Bundeswehr hinter der Demokratie und eben jenen Werten. Umso lauter muss daher der Klang erklingen, um den Ungeist des Rechtsextremismus wie Glas in tausend Stücke zerspringen zu lassen.

Jene Rechtsradikale, die es in der Bundeswehr gibt, stellen jedoch eine besondere Gefahr dar: sie haben den Umgang mit der Waffe gelernt und orientieren sich an den Freikorps der Weimarer Republik die Demokraten, linke Politiker und Pazifisten ermordet haben.
Eine spekulative Einschätzung der Gefahr kann zu Alarmismus führen, eine Vernachlässigung weil wir seit Jahrzehnte sowieso in einer Demokratie leben hingegen zu einer Unterschätzung die dann ausgenutzt wird um die menschenfeindliche Ideologien zu verbreiten: „Auch unsere heutige, wesentlich gefestigtere Demokratie ist vor Destabilisierung nicht gefeit. Im März 2019 teilte der Militärische Abschirmdienst (MAD) dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags in einer vertraulichen Sitzung mit, dass er aktuell „450 Verdachtsfälle“ bearbeite. 2018 seien vier rechtsextremistisch eingestellte Soldaten aus der Bundeswehr entlassen, zehn weitere enttarnt worden.“
[…]
„Gemessen an den 185 000 Soldaten, die in der Bundeswehr dienen, sind das auf den ersten Blick keine beunruhigenden Zahlen. Allerdings können einige wenige rechtsradikale Bundeswehroffiziere ein unkalkulierbares Gefahrenpotenzial sein. Der anwachsende Nationalradikalismus hat auch einen gewalttätigen Rechtsextremismus hervorgebracht und reicht in die Bundeswehr, die Polizei und andere Sicherheitsdienste hinein.“

Nicht nur seitens der Politik muss ein Kampf den Rechtsradikalen Kräfte angesagt werden, sondern vor allem von der Bundeswehr. Hierbei geht es um die Mentalität, wie es schon der Artikel der Süddeutschen Zeitung erwähnt. Das Gemeinschaftsgefühl (Korpsgeist genannt) darf nicht zum Schutze anti-demokratischer Einstellungen missbraucht werden.
Um eine öffentliche Debatte gibt es keinen Umweg, diese sollte von honetter Charakteristik sein und auch die Bundeswehr selbst miteinbeziehen, damit niemand außen vorgelassen wird. Es wird sicherlich einige Zeit brauchen, aber es ist eine Notwendigkeit.

In der Bundeswehr gilt der Soldat bzw. die Soldatin als Staatsbürger in Uniform. Hierzu ein Auszug aus einem Artikel von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb):

Um Verteidigungswall zu sein braucht es den/die Staatsbürger/in in Uniform. Die NVA zeigt in diesem Fall, dass die Herausforderung des Rechtsextremismus nicht unmöglich ist.
Natürlich gibt es einen klaren Unterschied, vor allem ideologisch, in Bezug auf die autoritäre Staatsform die die DDR hatte gibt es jedoch stärkere Ähnlichkeiten. In diesem Fall fehlt dazu noch der Wille zur Anpassung, weshalb das Hauptziel die Identifizierung und Rauswurf der demokratiefeindlichen Kräfte ist im heutigen Kontext.

Am besten fangen wir damit an, mehr in Gespräche zu kommen und die Perspektive von den Soldaten und Soldatinnen zu sehen. Nur mit einem vollen Bild lassen sich passende Maßnahmen treffen.

Die Zukunft

Mit den politischen Willen und einer aktiveren Verteidigung der Demokratie lassen sich die Ziele erreichen, was natürlich seine Zeit braucht. Dies gilt über die Bundeswehr hinaus als Gesamtgesellschaftliche Aufgabe, damit anti-demokratische Bewegungen nirgendwo Fuß fassen können. Nicht nur in Form von Wahlen und Entscheidungen im Parlament existiert unsere Demokratie, sondern auch als eine aktive Staatsform die es erlaubt Organisationen und Vereine zu gründen (z. B. Greenpeace oder ein Sportverein), Initiativen zu starten, öffentlich zu diskutieren und kritisieren, und vieles mehr.

Die Bundeswehr muss sich auch auf mehr Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels einstellen und, sollte der Mensch weiter in Territorien von exotischen Tieren eindringen, auch auf neue Viren Arten die eine Pandemie auslösen können. Ebenso kann Wasserknappheit zu Kriegen in Zukunft führen, vor allem in ärmeren Ländern die kaum Zugang zu Wasser haben. Humanitäre Einsätze werden sehr wahrscheinlich auch stark ansteigen, je stärker die Erwärmung ist und desto weniger gegen den Klimawandel getan wird.

In einem anderen Blogeintrag habe ich schon über den Rat der Volksbeauftragten geschrieben. Dabei meine ich nicht die provisorische Regierung nach dem Ende des
1. Weltkriegs, sondern meine Idee eines weiteren Arms der Gesellschaft um auch Minderheiten eine bessere Repräsentation zu geben und Probleme schneller lösen zu können. Anders wie in politischen Wahlen, würden hier die gewählt werden die sich am meisten für ihre Gemeinschaft einsetzen und voller Hingabe sind.

Die Relevanz? Es gibt einen Arbeiter- und Industrierat. Lobbyismus in seiner heutigen Form sollte dann gänzlich abgeschafft sein. Von Wirtschaft zur Bevölkerung gibt es ein direkteres Repräsentationsapparat. Auch die Bundeswehr wäre hier in Form eines Militär- oder Soldatenrats repräsentiert. Ohne Umwege würden Mängel und Probleme an Politiker weitergeleitet werden. Wobei natürlich das, wie ich es hier beschreibe, eine leichte aber signifikante Änderung des Systems bedeutet. Doch ein „Lobbyregister“ existiert hier und zeigt wie oft ein/e Politiker/in oder Partei sich mit einer Gruppe getroffen hat.

Kurzgesagt: Es ist ein komplexes Thema welches Zeit und Willen braucht um angepackt und gelöst zu werden.

Schlusssatz

Ich erachte übrigens den großen Zapfenstreich als richtig und wichtig um die Heimkommenden und Gefallen Soldaten/innen zu ehren.

Empfehlenswert zum hören: der Preußische Zapfenstreichmarsch (1:03 Minuten)

https://www.youtube.com/watch?v=DuYon_l-amI

Veröffentlicht von thomasbaroque

Ich schreibe über politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Themen. Meine eigenen politischen Ziele ebenso. / I write about politics, the economy and science (my English isn't that good, though). My own political goals and ideas as well.

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